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High Availability Seamless Redundancy (HSR)

Eine Weiterentwicklung des PRP Gedankens ist die High Availability Seamless Redundancy (HSR). HSR ist allerdings in der Ausprägung ein Protokoll zur Herstellung von Medienredundanz. PRP ist, wie im vorherigen Kapitel beschrieben, ein Protokoll zur Herstellung von Netzwerkredundanz. HSR ist ebenso wie PRP im Standard IEC 62439-3 beschrieben. HSR ist, im Gegensatz zu PRP, primär für den Einsatz in (redundant gekoppelten) Ringtopologien ausgelegt. Hierbei wird, ebenso wie bei PRP, mit zwei Netzwerkports gearbeitet. Im Gegensatz zu PRP werden in einer HSR Anschaltung, einem DAN H (Double Attached Node for HSR), die beiden Schnittstellen allerdings zu einem Ring verschaltet (siehe Abbildung HSR Ringnetzwerk).

Ein Frame von der Anwendung wird durch die HSR Anschaltung mit einem HSR Tag versehen. Dieser beinhaltet, analog zum PRP RCT, die Länge der Nutzlast, den Sendeport und die Sequenznummer des Frames. Im Gegensatz zu PRP wird der HSR Header allerdings dazu genutzt, das Ethernet Frame zu kapseln. Dies hat den Vorteil, dass die Duplikaterkennung für jedes einzelne Frame in jedem Gerät unmittelbar nach Empfang des HSR Headers erfolgt. Das Warten mit der Duplikaterkennung, bis das Frame inklusive RCT empfangen ist, entfällt. So wird in den einzelnen HSR Anschaltungen und RedBoxen, ähnlich wie bei Cutthrough Switching, bereits mit der Weiterleitung des Frames am zweiten Ringport begonnen, sobald der HSR Header komplett empfangen und die Duplikaterkennung durchgeführt ist. Jeder HSR Knoten nimmt Frames die nur an ihn selbst adressiert sind vom Netz und leitet sie an die Anwendung weiter. Multicast oder Broadcast Nachrichten werden von jedem Knoten auf dem Ring weitergeleitet und zusätzlich an die Anwendung weitergegeben. Um ein permanentes Kreisen von Multicast/Broadcast Frames zu vermeiden, verwirft der Knoten, der das Multicast/Broadcast Frame ursprünglich auf den Ring gelegt hat, dieses nach einem Ringumlauf (siehe Abbildung HSR Ringnetzwerk).

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HSR Ringnetzwerk Grafik vergrößern


Im Gegensatz zu PRP ist die direkte Integration von SAN Knoten in ein HSR Netzwerk unmöglich, ohne den Ring aufzubrechen. Zum Schließen des Rings fehlt einem SAN die zweite Netzwerkschnittstelle. Dies ist ein Grund, warum SANs in HSR Netzwerken nur über Redundancy Boxes angebunden werden können. Der zweite Grund ist die Kapselung des Netzwerkverkehrs auf dem Ring mit dem HSR Header. Dies verhindert eine direkte Teilnahme normaler Netzwerkknoten am HSR Verkehr, im Gegensatz zu PRP. Während der PRP RCT von einem SAN Knoten als Padding interpretiert wird, ist dies beim HSR Tag unmöglich: Der HSR Tag wird aufgrund seiner Position im Frame stets als gültige Layer 2 Frameinformation interpretiert, und ein korrektes Auslesen der Nutzlast des Frames durch den SAN Knoten wird verhindert.

Da manche HSR Geräte möglicherweise zu Konfigurations- und Diagnosezwecken mit einer Management Station oder einem Notebook kommunizieren, akzeptieren HSR Anschaltungen Geräte, die Standard Ethernet Frames versenden temporär auch an den Ringports. In diesem Fall kommunizieren die HSR Anschaltungen ohne die HSR Header Kapselung. Allerdings wird dieser Verkehr nicht an das HSR Netzwerk weitergereicht, es findet lediglich eine bidirektionale Kommunikation zwischen der konfigurierenden Managementstation an einem HSR Port und dem HSR Gerät statt. Die normale HSR Kommunikation wird erst wieder aufgenommen, wenn der Ring wieder geschlossen wurde. Eine Kopplung zwischen zwei HSR Ringen wird mittels zweier Ringkopplungselemente, den sog. QuadBoxes realisiert. Diese ermöglichen eine Kopplung zwischen zwei HSR Ringen ohne Single Point of Failure (siehe Abbildung Gekoppelte HSR Ringe (Auszug aus IEC 62439-3))

Die HSR weist hinsichtlich der Umschaltzeit das gleiche Verhalten auf wie PRP: Durch den doppelten Versand der Frames von beiden Ports einer HSR Anschaltung wird bei einem aufgetretenen Fehler weiterhin ein Frame über den noch intakten Netzwerkpfad übertragen. Die Redundanz arbeitet somit ebenfalls ohne Umschaltzeit und im Gegensatz zu PRP werden keine zwei parallelen Netzwerke benötigt. Allerdings ist ein HSR Netzwerk stets als Ring oder als Struktur mehrerer gekoppelter Ringe ausgeprägt und bietet bei der Installation weniger Flexibilität als PRP. Weiterhin steht auf dem Ring durch den doppelten Versand der Frames in beide Richtungen lediglich effektiv 50% der Bandbreite des Netzwerks für den Datenverkehr zur Verfügung.

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Gekoppelte HSR Ringe (Auszug aus IEC 62439-3) Grafik vergrößern


Eine DAN P Implementierung steuert die Redundanz und behandelt Duplikate. Wenn ein zu sendendes Paket von den oberen Schichten erhalten wird, sendet die PRP Einheit diesen Frame gleichzeitig über beide Ports auf das Netzwerk. Die beiden Frames durchlaufen die zwei unabhängigen Netzwerke normalerweise mit verschiedenen Verzögerungen bis zum Empfänger. Am Bestimmungsort leitet die PRP Einheit das erste ankommende Paket an die oberen Schichten, also die Anwendung weiter, und verwirft das zweite Paket. Die Schnittstelle zur Anwendung ist damit völlig identisch wie jede andere Ethernet Netzwerk Schnittstelle auch.

Die Redundancy-Box implementiert das PRP Protokoll für alle angeschlossenen SANs und arbeitet damit als eine Art von Redundanz Proxy für jede Art von Standard Geräten. Die Erkennung von Duplikaten erfolgt mit Hilfe eines durch eine PRP Anschaltung oder RedBox in jedes Frame eingefügten Redundancy Control Trailers (RCT). Dieses 32 Bit lange Identifikationsfeld beinhaltet neben einer Kennung für das Netzwerk (LAN A oder B) und einer Information über die Länge der Nutzlast des Frames auch eine Sequenznummer. Diese wird für jedes Frame, das ein Knoten versendet, inkrementiert. Anhand der somit eindeutigen Merkmale in jedem Frame (Physikalische MACQuelladresse und Sequenznummer) kann eine RedBox oder DAN P Anschaltung Duplikate erkennen und, wenn notwendig, verwerfen. Da der RCT am Ende des Frames eingefügt wird, bleibt sämtlicher Protokollverkehr für SANs vollständig lesbar. Ein SAN interpretiert den RCT lediglich als zusätzlich eingefügte Füllbits („Padding“) ohne Bedeutung. Eine direkt ohne RedBox angeschlossene SAN kann somit in einem PRP Netzwerk mit allen DAN Ps und mit SANs des gleichen Netzwerks (entweder A oder B) kommunizieren. Lediglich zu den Knoten des jeweils anderen Netzwerks hat eine SAN keine Verbindung, da ein DAN P Frames eines LAN nicht an das andere weitergeben. Das PRP erfüllt höchste Ansprüche an Umschaltzeit, ist sehr flexibel im Netzaufbau und in den möglichen Topologien, benötigt allerdings stets eine doppelt installierte Infrastruktur aus Switchen und anderen Netzkomponenten.

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Mit den RSP Switches von Hirschmann, die neue Redundanzverfahren (PRP, HSR*) nach IEC-Standard unterstützen, können erstmals Netzwerke mit einer unterbrechungsfreien Datenkommunikation realisiert werden.


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Highlights

Mit den neuen Protokollen PRP (Parallel Redundancy Protocol) und HSR (High-availability Seamless Redundancy) sind zwei Redundanzverfahren entwickelt worden, die die Verfügbarkeit und Fehlerabsicherung von Netzwerkverbindungen deutlich verbessern.